Die Martinskirche in Aichhalden

Bild: Herz Momente Fotografie

 

Das älteste Kirchengebäude im Kirchspiel Zwerenberg dürfte das malerisch in der Mitte des weitläufigen Waldhufendorfes Aichhalden stehende kleine Kirchlein sein.
Es vermittelt den Eindruck einer seit Jahrhunderten äußerlich wenig veränderten Kirche. So dürfen wir uns die meisten Dorfkirchlein im Mittelalter vorstellen: An ein kleines, schlichtes, aber festes Schiff schmiegt sich hinten ein kräftiger, fast ebenso breiter dreistöckiger Chorturm mit Eckquadern an. Der Turm ist durch horizontale Gurtgesimse und Schartenfenster gegliedert und im oberen Stockwerk verschindelt. Er stammt noch aus romanischer Zeit, 11.-13. Jahrhundert.
Die Calwer Oberamtsbeschreibung von 1860 teilt mit, dass zu dieser Kirche früher, d. h., vor der Reformation, Wallfahrten stattgefunden hätten. Dies ließe es verständlich erscheinen, dass in einer solch abgelegenen und sehr dünn besiedelten Gegend schon im Hochmittelalter eine Kapelle errichtet worden ist. Das Kirchenschiff besitzt romanische Fensternischen und jüngere spätgotische Fenster, die vielleicht bei einem Um- oder Neubau des Kirchenschiffs im 16. oder 15. Jahrhunderts angebracht worden sind.
Im Innern aber ist das Wertvollste zu erblicken, das diese Kirche bietet: nämlich Wandmalereien im Chorraum, die um 1300 entstanden sind. Leider sind sie nur bruchstückhaft und stellenweise undeutlich erhalten. Ein Großteil der Malerei besteht aus Ornamenten aus romanischer und spätgotischer Zeit. Die figürlichen Szenen stammen aus der Zeit um 1300. Wahrscheinlich hängen alle Szenen mit Martin von Tours zusammen – ein sogenannter Martinszyklus. Einige Szenen sind eindeutig zu erkennen, andere wiederum geben auch den Sachverständigen noch Rätsel auf. Zweifelsfrei ist die untere Szene rechts vom Ostfenster zu bestimmen. Sie zeigt den Heiligen Martin, der mit dem Bettler seinen Mantel teilt. Der Bettler ist niemand anders als Jesus Christus in Gestalt einer seiner geringsten Brüder nach dem Bibelwort: „Was ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan.“ Das Bild darüber zeigt wahrscheinlich Martins letzte Fahrt. Die Szene links vom Südfenster stellt die Jungfrau Maria dar, aber hier nicht als Mutter Jesu, sondern als Sinnbild er Kirche, die von dämonischen Gewalten dauernd bedroht und angefochten wird. Madonna mit dem Schutzmantel. Nicht klar zu deuten ist die Schiffszene. Das Bild darunter könnte eine Georgszene sein.
Das Ostfenster zeigt nach einem Entwurf von Wolf-Dieter Kohler Christus in der Mandorla, d.h. den erhöhten Herrn „sitzend zur Rechten des Vaters“, mit den Symbolen der vier Evangelisten, Matthäus, Markus, Lukas und Johannes.

So steht das Kirchlein in Aichhalden fast traumhaft ruhig als ein Stück Mittelalter auf der Höhe zwischen oberer Nagold und kleiner Enzquelle unbekümmert über die Zeitläufe hinweg.

Die Ausführungen sind zum Teil entnommen aus dem Buch
„Zwerenberg – 150 Jahre Kirche * 500 Jahre Kirchspiel“,
einer beachtenswerten kirchengeschichtlichen Heimatkunde für die Region Oberes Nagoldtal und Oberer Wald. Dort ist über die Geschichte der Aichhalder Kirche und das Kirchspiel Zwerenberg mehr zu lesen.
Die kirchengeschichtlichen Teile wurden von Dr. Karl Kempf aus Nagold, verfasst.

 

Die Aichhalder Glocken

Eisenhartgussglocke, sie wurde in der Fachsprache „Heuler“ genannt

„Ich verkünde Tag und Stunden,
bald ach bald sind sie entschwunden.
Bete, dass men letzter Schlag
Dich einst wachend finden mag.“
So lautete die Inschrift der kleinen Glocke in Aichhalden, die 1917 zum Einschmelzen abgehängt werden musste. Sie wurde nach dem Ersten Weltkrieg durch eine Eisenhartgussglocke ersetzt, die klanglich nicht mit den zwei Bronzeglocken harmonierte, sie wurde in der Fachsprache „Heuler“ genannt. Ihr Ruf ertönte in ihren letzten Dienstjahren, wenn sie mit einem Stock angeschlagen wurde, zur halben Stunde. Das bedeutete für die männlichen Aichhalder Bürger, zur vollen Stunde anzutreten, um die öffentlichen Straßen und Wege vom Schnee zu räumen, mit Ochsengespann und Bahnschlitten oder auch von Hand. Nun liegt die ausgedient, „wertlose“ Glocke als Zeugin vergangener Zeiten mit historischem Wert im Aichhalder Turm.
Im Mai 1980 wurde die Stahlglocke ersetzt durch eine große Bronzeglocke mit der Stimmung „c“. Ihre Inschrift lautet: „O Land, Land, Land, höre des Herrn Wort.“

Die linke Glocke ist die älteste Glocke in Aichhalden und steht unter Denkmalschutz. Sie ist auf „d“ gestimmt und trägt die Inschrift: „“in sanct. Lucas. Marcus, johannes, matthaeus er goss mich P. anton sidler von Essling im Jahr um ..???“. Sie stammt aus dem Jahr 1498.
Die kleine Glocke stammt aus dem Jahr 1950, ist auf „e“ gestimmt und trägt die Inschrift: „Niemand hat größere Liebe, denn die, daß er sein Leben läßt für seine Freunde. Den Gefallenen des Kriegs 1939-45 zum Gedächtnis gestiftet von der Gemeinde Aichhalden 1950.“

  • addDie Aichhalder Glocken